Vom berobten Lehrling

Vor langer Zeit war es, da übertrat eine merkwürdig gewandete Gestalt die Grenzen Zaroriens. Doch auch schon zu dieser Zeit war Zarorien ein Fürstentum und auch unter der Regentschaft derer von Zaro, denn wäre dies nicht so gewesen, so müsste man wahrlich von einer sehr langen Zeit berichten.
Die Gestalt war nun aber derartig gewandet, dass sie ein langes farbiges Gewand trug, das einem Morgenmantel nicht ganz unähnlich und doch von schwererem Stoffe war. Die Farbe des Gewandes war dergestalt, dass der Korpus des Trägers mit rotem Samt, die Ärmel und der Kragen des Gewandes aber mit silbernem Stoff bedeckt waren.
Auch unterschied das Gewand von einem Morgenmantel, dass es eine grosse faltige Kapuze besaß, unter der die Gestalt ein wohl ebenso faltiges Gesicht verbarg. Zumindest sprach hierfür der schwere Stock, auf den die Gestalt sich kränkelnd stützte.
Doch die Zarorier waren zu dieser wie zu jeder Zeit ein gastfreundliches Volk und so liessen die Grenzposten die weibisch gekleidete, auf ihren Stock gestützte Gestalt passieren, da es sonst nichts weiter wirklich Handfestes an ihr auszusetzen gab.
So kam es, wie der Zuhörer wohl schon ahnt, dass ein Magus die Grenzen des Fürstentums überschritt.
Da nun dieser Magus gänzlich unvertraut war mit den heimischen Gebräuchen, machte es ihm einige Mühe sich auch noch in den gesittetsten Tavernen zurecht zu finden. Doch als er ein wenig herumgefragt hatte, um zu erfahren an welcher Schule der magischen Künste er sich denn einfinden könne, so erfuhr er zu seinem Erstaunen, dass es eine solche nicht zu geben schien.
Zwar wurde ihm berichtet, dass es einst so eine Schule gegeben hätte, doch diese war von den Zaroriern im gerechten Zorn niedergerissen worden, als ihnen gemeinschaftlich offensichtlich wurde, dass dieses Haus ein Hort des Unheils für Land und Leute gewesen war und für die schlimmen Missernten sowie manch anderes Unglück verantwortlich zu machen war.
Doch der Magus war frohen Mutes und glaubte ebenso wie die früheren Magi nicht, dass ihm solches einst wiederfahren würde.
So beschloss er denn, seine eigene Schule in den zarorischen Landen zu eröffnen. Doch da er doch ein wenig verunsichert war und auch sonst nicht zur mutigsten Natur zählte, beschloss er damit tief in den Wäldern und fernab von der Leute Augen zu beginnen.
Nach langer ungeschickter Suche fernab der ihm immernoch unvertrauten aber doch lieberen Strassen, fand er schliesslich einen alten Turm mitten im Wald, der von den vorigen Bewohnern aus unbekanntem Grund verlassen worden war. Als er sich dann dort auf seine eigenen merkwürdige Art häuslichst eingerichtet hatte, mit vielen unnützen Büchern und unzähligen sinnlos blubernden Flaschen und auch eine Weile geruht hatte, da machte er sich auf, sich einen Lehrling zu suchen..
Viele Wochen zog er durch die Lande und schickte sich an, jeden Jüngling, der ihm begegnete, darauf hin zu prüfen, ob er für seine Künste zu gebrauchen sei. Doch er wurde sehr verwirrt als er bemerkte, dass bei vielen, die er so prüfen wollte, seine Zauberformeln und Spruchrollen versagten, und fast glaubte er schon, dies müsse ein ganz eigenes Talent darstellen, da es seiner eigenen Kunst ganz offensichtlich überlegen war.
Doch da er dies nicht einsehen wollte, suchte er immer weiter, und fand schliesslich einen Jungen der zwar für nichts anderes zu gebrauchen zu sein schien, für seine Zwecke aber der einzig brauchbare war, den er fand.
Da der Junge keine anderen Hoffnungen mehr hatte, war es für den Magus ein leichtes, ihn mit wenigen Worten zum Mitkommen zu überreden, was aber wohl jeder Räuberhauptmann ebenso vollbracht hätte, hätten sie denn Interesse an dem Jungen gehabt.
Viele Jahre vergingen nun für den neuen Lehrling in dem Turm mit den unlesbaren Büchern und den sinnlos blubbernden Flaschen, in denen er so rein gar nichts Handfestes zu lernen schien. Doch der Müßiggang gefiel ihm schon immer wohl, und so blieb er, frass sich voll und versteckte geistreichere Flüssigkeiten in den sinnlos blubbernden Flaschen.
Doch nach Jahren kam es dann tatsächlich so weit, dass der Lehrling in der Lage war, die einfachsten Formeln zu sprechen und anzuwenden und nach weiteren Jahren sogar in der Lage war, die Ratten des Turmes oder auch einen vorbeistreifenden Ork zu verzaubern.
Und weil er nun fähig war dies zu tun, verliehen ihm seine beiden Lehrmeister die sich Brüder nannten ein Gewand, dass dem ihrem glich und doch weniger glänzenden Schnickschnack trug, und nannten ihn ihren Lehrling. Da geschah es, dass sich der Lehrling der üblen Streiche und Neckereien der anderen Dorfkinder ersinnte und ein rachsüchtiges Lächeln breitete sich auf seinen Zügen aus.
So schlich er sich denn bei Nacht und Nebel aus dem Turm und machte sich auf das Dorf zu besuchen, in dem er aufgewachsen war.
Er wanderte lang, doch kannte er den Weg noch gut und kam so schliesslich an seinem Ziel an und betrat stracks die örtliche Taverne.
Da er nun ebenso ein weibisches Gewand trug wie seine Lehrmeister, sollte es nicht lange dauern, bis eben die selben lauthalsigen Gesellen sich seiner annahmen, die ihn auch früher schon oft gehänselt hatten.
Der Lehrling fühlte sich siegessicher und während ihn die anderen trunken auslachten, sprach er die gelernten Formeln, doch.. sie wollten nicht wirken!
So wurde der Lehrling denn noch mit einem Krug Bier über den Kopf bedacht und hinausgeworfen und ging von dannen.
Nun fragt ihr euch sicherlich, was aus ihm geworden ist, nicht wahr?
Den Lehrling zog es in eine andere Stadt, wo ihn noch niemand kannte, und weil er jetzt starken Willens war etwas Handfestes zu erlernen, wurde er auch ein tüchtiger Bäckersmann und sein Haus ist auch heut noch als Backhaus "Zum berobten Lehrling" bekannt.
Die Trunkenen aus dem Dorf hatten den nächsten und auch noch viele weitere Morgen einen üblen Kater und weil sie üble Hänsler und faule Kerle waren, schlug das Hammermännchen immer doppelt drein.

Und die Moral von der Geschicht:
Trunkene kümmern Zauber nicht!

Und weil der Lehrling doch ein Bäcker wurde, auch ausserdem noch merke:
Im Willen liegt die Stärke!